Auszug aus dem Waldbaukonzept
Gemäß Dienstordnung Waldbau
Thüringer Forstamt Sonneberg vom 01.01.2015

Erstellt durch Mark Schwimmer

Mit Inkrafttreten der Dienstordnung Waldbau - 2.8 am 01.01.2015 wurde die Umwandlung des heute noch dominierenden Altersklassenwaldes hin zum Dauerwald als Ziel allen waldbaulichen Handelns für den Staatswald der Landesforstanstalt festgelegt [1]. Der naturnahe Dauerwald, welcher durch Standortsgerechtigkeit, Baumartenvielfalt, Strukturreichtum und Ungleich-altrigkeit gekennzeichnet ist, stellt das waldbauliche Leitbild dar, an welchem sich das waldbauliche Handeln orientiert. Der bereits in den vergangenen zwei Jahrzehnten begonnene Waldumbauprozeß soll mit Hilfe dieser Dienstordnung konsequent fortgeführt und weiterentwickelt werden. Das vorliegende Waldbaukonzept leitet die langfristigen waldbaulichen Ziele zum Erreichen des Dauerwaldes für den Staatswald des Forstrevieres Schalkau aus der Dienstordnung ab und gibt konkrete Handlungsanweisungen für deren Umsetzung innerhalb der nächsten 5 Jahre anhand einer Prioritätenliste. Für den Betreuungswald des Forstrevieres Schalkau soll das Waldbaukonzept Empfehlungen geben, wie unter besonderer Berücksichtigung der kleinparzellierten Bewirtschaftungsstrukturen im Bereich des Privat- und Kommunalwaldes Dauerwald entwickelt werden kann.

Waldbaukonzept Forstrevier Schalkau

Naturräumliche Gegebenheiten

LAGE: Das Forstrevier Schalkau ist eines von zehn Forstrevieren des Thüringer Forstamtes Sonneberg. Es befindet sich im äußersten westlichen Teil des Forstamtsbezirkes. Politisch gesehen liegt das Forstrevier Schalkau im Landkreis Sonneberg des Freistaates Thüringen. Im Süden grenzt es unmittelbar an den Freistaat Bayern an. Den geografischen Mittelpunkt des Revierbereiches bildet die Kleinstadt Schalkau. Landschaftlich gehört das Gebiet zum Vorland des südlichen Thüringer Schiefergebirges. Es erstreckt sich in einem Höhenbereich von 375 m am Flusslauf der Itz bei Almerswind im Süden bis auf 620 m an den Ausläufern des Bleßberges bei Mausendorf im Norden und weist dabei eine maximale Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung von 10,5 km und in West-Ost-Richtung von 7,0 km auf. Die Waldfläche beträgt 1796 ha

Standort: Standortskundlich ist das Forstrevier Schalkau hauptsächlich dem Wuchsgebiet des Südthüringisch-oberfränkischen Trias-Hügellandes zugeordnet, welches sich in etwa je zur Hälfte in den Wuchsbezirk 11.5.0 Bruchschollenland und den Teilwuchsbezirk 11.5.1 Schalkauer Platte aufteilt. Nur etwa 3 % der Waldfläche gehören zur Wuchseinheit des Wuchsgebietes Thüringer Gebirge mit dem Wuchsbezirk 8.3.0 Hohes Schiefergebirge [3]. Geologisch gesehen wird der Standort von den Formationen Muschelkalk, Buntsandstein, Rotliegendes und Ordovizium geprägt. Da die anstehenden geologischen Gesteinsschichten der einzelnen Formationen sich stark differenzierend auf den Standort und mithin auch auf das waldbauliche Handeln auswirken, ist für die Beurteilung des Standortfaktors die Einteilung des Standortes nach Gesteinsarten in die Kategorien Muschelkalk, Buntsandstein und Schiefer sinnvoll. Diese standörtliche Einteilung des Gebietes ist auch deswegen so geboten, weil auf einer Waldfläche von 413 ha gar keine Standortskartierung existiert. Gemäß dieser Einordnung stocken 75 % des Waldes auf Muschelkalk, 15 % auf Buntsandstein und 10 % auf Schiefer. Im Bereich des Muschelkalks haben sich nährstoffreiche Braunerden und Rendzinen gebildet. Braunerden mit mittlerer Trophie befinden sich im Bereich des Schiefers und des Buntsandsteins. Auf etwa einem Drittel des Buntsandsteins gibt es nährstoffarme Braunerden

Klima: Klimatisch gesehen befindet sich das Forstrevier Schalkau im Luvgebiet des Thüringer Schiefergebirges. Die Jahresniederschläge liegen zwischen 850 und 1000 mm und die Jahresdurchschnittstemperatur zwischen 6,5 und 7,0 °C. Dementsprechend herrscht subatlantisches Klima vor [3]. Gemäß der seit 2011 eingeführten neuen forstlichen Klimagliederung gehören 97 % der Waldfläche dem Klimabereich Nr. 33 an. Nur ein kleiner Teil des Waldes im Wuchsbezirk Hohes Schiefergebirge befindet sich im Klimabereich Nr. 34 (siehe Anlage 1). Der im Forstrevier Schalkau vorherrschende Klimabereich Nr. 33 wird charakterisiert durch eine Vegetationszeit von 140 bis 165 Tagen und einer klimatischen Wasserbilanz von -12,5 mm bis 0 mm Niederschlag pro Vegetationszeitmonat und wird kurz als mäßig warm und sommertrocken bezeichnet

Baumartenverteilung: Dank der Waldbiotopkartierung im Betreuungswald und der Forsteinrichtung im Staatswald, beide Erhebungen fanden im Bereich des Forstamtes Sonneberg mit Stichtag 01.01.2014 statt, liegen im Forstrevier Schalkau hinsichtlich der Baumartenverteilung aktuelle Zahlen vor [5 und 6]. Aus diesen beiden Erhebungen geht hervor, daß im Oberstand des Waldes die Nadelbaumarten mit derzeit 84 % deutlich dominieren. Häufigste Baumart ist mit 57 % Anteil die Fichte, gefolgt von der Kiefer mit 24 %. Von den Laubbaumarten nimmt mit 7 % am Oberstand die Buche den größten Anteil ein. Auf einer Fläche von 177 ha wurde ein Unterstand ausgewiesen, was einem Anteil von rund 10 % der Waldfläche entspricht. Betrachtet man die Baumartenverteilung im Unterstand, so wird deutlich, daß zwar die Fichte mit 41 % Anteil auch hier die häufigste Baumart ist, aber im Gegensatz zum Oberstand das Laubholz mit einem Anteil 58 % gegenüber dem Nadelholz bereits dominiert. Der starke Rückgang des Nadelholzanteils ist hauptsächlich der Kiefer geschuldet, welche als Lichtbaumart sich schlecht unter Schirm verjüngt. Der Buche als Schattbaumart sagt natürlich das Lichtmilieu unter Schirm zu, was sich deutlich am Anteil von 32 % des Unterstands widerspiegelt

Verteilung der Standorte im Forstrevier Schalkau

Abb. 1

Baumartenverteilung im Ober- und Unterstand

Abb. 2

Waldbauliche Handlungseinschränkungen

Schutzgebiete

Im Bereich des Forstrevieres Schalkau gibt es drei ausgewiesene Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 194 ha, davon 90 ha Waldfläche (siehe Tab.1). Die Naturschutzgebiete Görsdorfer Heide sowie Magerrasen bei Emstadt und Itzaue, welche beide im Bereich des Grünen Bandes an der ehemaligen innerdeutschen Grenze liegen, besitzen zudem auch den Status eines Fauna-Flora-Habitat-Gebietes. Die betroffenen Waldflächen innerhalb dieser beiden Naturschutzgebiete können wegen der Schutzgebietsziele nicht zum Dauerwald hin entwickelt werden. Im Naturschutzgebiet Stelzner Berg hingegen geht die Etablierung von Dauerwald konform mit den Schutzgebietszielen.


Eigentumsverhältnisse

Wie aus Tabelle 2 ersichtlich ist, dominiert der Betreuungswald (Privat- und Kommunalwald) im Forstrevier Schalkau mit einem Anteil von rund 96 % (1737,62 ha) an der reinen Waldfläche (Holzbodenfläche) deutlich. Nur etwa 2,5 % der Holzbodenfläche sind der Eigentumsart Staatswald des Freistaates Thüringen zuzuordnen und stehen somit im Eigentum der Landesforstanstalt.

Verkehrssicherungspflicht

Im Trassenbereich der in Bau befindlichen 380-KV-Höchstspannungsleitung, welche den Bereich des Forstrevieres Schalkau in Nord-Süd-Richtung durchquert, gibt es zum Teil erhebliche Bewirtschaftungseinschränkungen, da die Aufwuchshöhen der Bestände eingeschränkt sind. Gemäß dem sogenannten ökologischen Schneisenmanagement sind die Aufwuchshöhen in Abhängigkeit vom Relief und der Lage zum Maststandort auf Höhen von 8m bis maximal 20m beschränkt, wodurch sich die Ziele eines Dauerwaldes nicht verwirklichen lassen. Ca. 30 ha Wald sind von diesen Einschränkungen betroffen.Ebenfalls aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht gibt es entlang der B 89 und entlang L1112 Einschränkungen für die Etablierung von Dauerwald. Schätzungsweise 15ha Wald sind entlang dieser beiden Straßen betroffen


Naturschutzgebiete

Naturschutzgebiete Fläche gesamt in ha davon Wald in ha
Görsdorfer Heide 75 35
Magerrasen Emstadt / Itzaue 86 22
Stelzner Berg 33 33
Gesamt 194 90


Eigentumsverhältnisse

Waldläche in ha Staatswald Thüringen Staatswald Bund Kommunalwald Privatwald Treuhandwald Unbekannt Gesamtfläche
Holzboden 45,34 8,19 42,14 1695,48 2,26 3,36 1796,77
Nichtholzboden 1,25 0,00 8,71 37,24 1,22 1,22 49,64
Nicht eingerichtet 0,00 0,31 0,00 0,00 0,00 0,00 0,31
Gesamt 46.58 8,50 50,85 1732,72 3,48 4,59 1846,27


Waldbauempfehlungen für den Betreuungswald

Waldbauliche Beratung der privaten und kommunalen Waldbesitzer

Der naturnahe Dauerwald ist grundsätzlich auch das Leitbild für das waldbauliche Handeln des staatlichen Försters im Betreuungswald. Die Dienstordnung Waldbau 2.8 stellt deshalb auch die fachliche Grundlage für die waldbauliche Beratung der privaten und kommunalen Waldbesitzer im Forstrevier Schalkau dar. Da aber die Dienstordnung Waldbau 2.8 deutlich über die gesetzlichen Grundpflichten des Waldbesitzers nach § 19 des Thüringer Waldgesetzes hinausgeht, kann es bei der Bewirtschaftung des Betreuungswaldes auch zu Abweichungen kommen [9]. Insbesondere müssen die kleinparzellierten Besitztumsverhältnisse und die geringen Betriebsgrößen im Betreuungswald sowie die damit verbundenen speziellen und von der Landesforstanstalt abweichenden, wirtschaftlichen Interessen der Forstbetriebe, wie z. B. die Eigenversorgung mit Energieholz, im Waldbau angemessen Berücksichtigung finden


Allgemeine waldbauliche Empfehlungen

Unter Würdigung sowohl der naturräumlichen Gegebenheiten als auch der besonderen wirtschaftlichen Interessen der hauptsächlich privaten Waldbesitzer sind folgende waldbauliche Handlungsgrundsätze zu empfehlen:

  • 1. Vermeidung von Kahlschlägen
  • 2. Verjüngung unter Schirm
  • 3. Vorrang von Naturverjüngung gegenüber Kunstverjüngung
  • 4. Vorrang von Zielstärkennutzung gegenüber Femelhieb und Räumung
  • 5. konsequente Förderung von standortsgerechten Baumarten und Mischbaumarten in allen Wuchsklassen
  • 6. Einbringung und Schutz seltener Mischbaumarten wie z. B. Weißtanne, Bergulme, Vogelkirsche
  • 7. Anerkennung von Saatgutbeständen der Weißtanne

Baumartenspezifische Empfehlungen

Für die Hauptbaumarten Fichte, Kiefer und Buche sind im Folgenden einige wichtige spezifische Hinweise aufgeführt:

Fichte: Die Fichte ist mit fast 60 % der Holzbodenfläche im Oberstand die mit Abstand häufigste Baumart im Betreuungswald (Abb. 2). Auf Muschelkalk ist die Fichte nicht standortsgerecht. Wegen des hohen Anteils an Muschelkalkstandorten sind folglich etwa ¾ aller Fichtenbestände als nicht standortsgerecht einzustufen. Eine Umwandlung der nicht standortsgerechten Fichtenbestände ist deswegen langfristig die richtige Zielsetzung. Wegen der starken Neigung der nährstoffreichen Muschelkalkstandorte zur Vergrasung empfiehlt es sich aber, die Schirmwirkung des Fichtenoberstandes so lange als möglich aufrecht zu erhalten, auch wenn dadurch die Fichte sich natürlich mitverjüngen wird. Wie aber die Baumartenverteilung im Unterstand aufzeigt (Abb. 2), geht bei diesem Prozeß mittelfristig der Anteil der Fichte zurück und der Anteil standorts-gerechter Mischbaumarten nimmt zu. Kurzfristig hingegen können Blößen nach Kalamitäten für den aktiven Waldumbau genutzt werden. Hier empfiehlt es sich, den Waldbesitzern die Förderung solcher Maßnahmen anzubieten.


Kiefer: Die Kiefer stockt im Betreuungswald auf Muschelkalk- und Buntsandsteinstandorten. Auf Muschelkalk ist sie zu allermeist nicht standortsgerecht. Nur auf den wenigen extremen Trockenstandorten mit Schutzwaldcharakter an der Steilstufe des Unteren Muschelkalks zum Röt (Oberer Buntsandstein) kommt sie natürlich vor. Der Erhalt der Kiefer auf den Muschelkalkstandorten ist im Allgemeinen nicht zu empfehlen. Auch ihre erhöhte Schneebruchanfälligkeit trägt wesentlich zur waldbaulichen Ablehnung der Baumart bei. Im Rahmen von Durchforstungen kann ihr Anteil deswegen auch weiter zu Gunsten anderer Baumarten reduziert werden. Waldbaulich schwieriger ist die Verfahrensweise bei Kiefernreinbeständen. Aufgrund der starken Vergrasung und Verbuschung durch Weißdorn lassen sich Kiefernreinbestände in der Regel nur durch aktive Waldumbaumaßnahmen, wie z. B. Voranbauten aus Weißtanne und Edellaubholz, zu Dauerwald umwandeln. Ganz anders hingegen sieht die waldbauliche Empfehlung für die Buntsandsteinstandorte aus. Aufgrund der guten qualitativen Eigenschaften (Feinastigkeit, Vollholzigkeit) und der gegebenen Standortsgerechtigkeit ist die Bewirtschaftung der Kiefer hier auch weiterhin zu empfehlen. Als absolute Lichtbaumart gelingt ihre Verjüngung unter Schirm kaum. Es ist deshalb ratsam, die Kiefer im Überhaltbetrieb zu bewirtschaften. Da die Kiefer ein Mineralbodenkeimer ist, muss zur Einleitung von Naturverjüngung in den Verjüngungsbeständen Bodenverwundung durchgeführt werden. Bei der Wahl von geeigneten Beständen für den Überhaltbetrieb kommt der richtigen Phänotypenauswahl eine große Bedeutung zu. Nach Möglichkeit sollten nur Kiefern mit dem typischen Habitus einer Höhenkiefer als Phänotypen ausgewählt und verjüngt werden.


Buche: Der Buchenanteil im Betreuungswald liegt im Oberstand etwa bei 3 %. Dieser Anteil dürfte sich aber sukzessive in den nächsten Jahren erhöhen, da die Buche als Schattbaumart von allen Baumarten am meisten von der Umstellung zum Dauerwald profitieren wird. Die konsequente Förderung der Buche als Mischbaumart in allen Wuchsklassen reicht meiner Meinung nach aus, ihren Anteil mittel- und langfristig deutlich zu erhöhen. Vom aktiven Waldumbau, wie z.B. durch Buchenvoranbauten, ist abzuraten, weil das mäusebedingte Ausfallrisiko der Buchen auf den Muschelkalkstandorten sehr hoch ist. In Beständen, wo die Buche bereits vorherrschend ist, empfiehlt es sich, sie im Plenterbetrieb zu bewirtschaften.